Aktualisiert am 21.12.2020
Eines der beeindrucktesten Erlebnisse in freier Wildbahn ist das hautnahe Erleben der großen Tierwanderung in Ostafrika. Die Big Migration! Millionen Gnus, Zebras und Gazellen wandern auf Nahrungssuche durch das Mara-Serengeti-Ökosystem und müssen dabei gefährliche Flüsse überqueren. Hier erfährst du alles, wie wir die große Tierwanderung hautnah in der Maasai Mara erlebt haben.
Inhaltsverzeichnis
Welche Tiere wandern und warum?
Auf die große Wanderung begeben sich ca. 1.5 Millionen Gnus, Zebras und Thompson Gazellen! Wenn die Weideflächen im Ngorongoro Schutzgebiet und in der Serengeti kahl gefressen sind, müssen sich die weiten Flächen von den vielen Tieren erholen. Die Tiere wandern auf Nahrungssuche in Richtung Norden nach Kenia. Nach der kenianischen Regenzeit im März/April haben sich hier die Ebenen erholt und die Gräser stehen in voller Blüte. Der Tisch ist für die wandernden Tiere reichlich gedeckt.
Der beste Reisezeitraum zur großen Tierwanderung
Im Juli beginnen die ersten Herden aus der tansanischen Serengeti in die kenianische Maasai Mara zu wandern. Mit jeder Woche werden es immer mehr und sie ziehen vom Sand River, an der Grenze zwischen Tansania und Kenia bis in den Norden der neuen und angrenzenden Reservate der Maasai Mara.
Die beste Reisezeit ist der August und September. In den Monaten ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß die Tierwanderung in vollen Zügen zu beobachten. Wir waren Mitte Oktober im Mara Triangle und konnten auch zu dieser Zeit Gnuherden ausfindig machen sowie die Flussüberquerung hautnah mit erleben.
Zu dieser Zeit haben wir zwar keine riesigen Herden mehr gesehen, die sich bis zum Horizont erstreckten, dafür war die Anzahl der Safariautos auch überschaubarer. In dieser Zeit sind kurze Regenschauer keine Seltenheit. Das empfanden wir aber nicht als Manko. Ganz im Gegenteil, die Tiere werden dann aktiver und es kann zu ungewöhnlichen Momenten kommen. So sahen wir eine Löwin, die bei triefendem Regen auf dem Weg saß, um ihren Durst in der sich schnell füllenden Pfütze zu löschen.
Auf Safari zur Big Migration
Die Safariguides aus den Camps vor Ort haben ihre Späher und wissen ganz genau wann der richtige Moment gekommen ist, um eine mögliche Flussüberquerung mit den eigenen Augen zu sehen. Sie wissen auch, wo am Fluss sie mit den Wagen in Position gehen müssen.
Auf unserer ersten Safari waren wir ganz ungeduldig und fragten James, unseren Safariguide immer Löcher in den Bauch, wann wir denn endlich zum Fluss fahren. Er zwinkerte uns nur zu und versprach uns, dass wir rechtzeitig an der richtigen Stelle sein werden.
Wer selbst ein wenig recherchieren möchte und sich ein eigenes digitales Bild von der Herde machen will, den kann ich die App Herdtracker sehr empfehlen. Nicht nur der aktuelle Standort der verschiedenen Herden wird dargestellt, sondern auch fast minütliche Live Updates diverser Safari Guides dokumentieren das aktuelle Geschehen. Die kostenlose App hat mich auf dieser Reise sowie auch bei der großen Gnuwanderung in der Serengeti begleitet. Wer möchte, kann so wie ich selbst aktuelle Positionen und Fotos zum Geschehen hochladen.
Die Landschaft sieht zu der Zeit sehr mitgenommen aus. Das Gras in den Ebenen ist im Oktober stark abgegrast und die Erde ist staubig trocken. Die Nahrungsgrundlage bestimmt den Rhythmus der Tiere. Wenn es kein Futter mehr gibt, ziehen sie weiter.
Die ewig lauernden Gefahren
Wo viele Pflanzenfresser sind, sind die Raubtiere nicht weit. Nicht nur für Gnus und Zebras bietet diese Zeit ein Nahrungsüberfluss. Natürlich warten Löwen, Hyänen, Geparde und der meist nachtaktive Leopard auch auf ihre Chance. Viele der Raubtiere haben zu der Zeit Nachwuchs, um diesen mit der Fülle an Futter bestens zu versorgen.
Im schlammigen Wasser des Mara Flusses lauern dazu noch unzählige Krokodile auf Beute.
Geduld auf Safari
Eines der wichtigsten Punkte auf Safari ist Geduld. Als unser Safariguide James endlich den offenen Geländewagen in Richtung Fluss fuhr, schlugen unsere Herzen höher. Wir hielten am Ufer und sahen auf der anderen Seite eine Herde Gnus stehen. „Gleich geht´s los!“ war unser erster Gedanke und wir konnten gar nicht schnell genug unsere Kameras in Position bringen. Endlich werden wir live bei der großen Tierwanderung dabei sein! Aber die Gnus belehrten uns eines besseren. Sie guckten die relativ niedrige Uferböschung runter, welche durch ihre Hufe bereits tiefe Trampelpfade zeigten und blökten. Worauf warten sie denn nur? Das Wasser wirkte auf uns an dieser Stelle sehr niedrig und nur wenige Meter weiter war ein steiniges Flussbett und hinter diesem Flussbett zählten wir mehrere Krokodile, welche die Sonne genossen. Das einzige was für uns im Wasser zu erkennen war, war ein großes Flusspferd.
Trauten sich die Gnus nicht ins Wasser wegen dem „kiboko“ (kisuaheli für Flusspferd)? Am Ufer sammelten sich immer mehr Gnus und es gesellten sich auch Zebras dazu. Alle schienen die Stelle kritisch zu prüfen. Einige Zebras wanderten von der Gnuherde wieder ab. Das schien für James das Zeichen zu sein. Er legte den Rückwärtsgang ein und sagte zu uns, dass sie hier nicht den Fluss überqueren werden, sondern ein Stück weiter Fluss abwärts. Wir ruckelten über die trockene Erde und hielten ein paar hundert Meter weiter an der Uferböschung an. Weitere Safarifahrzeuge folgten der Idee. In Reihe standen wir alle gebannt und starrten in der Mittagshitze auf die andere Seite des Ufers. Mittlerweile sind fast 2 Stunden vergangen.
Die Überquerung des Mara Flusses
Eine Gruppe Zebras macht den Anfang. Sie trinken vorsichtig am Flussufer und plötzlich geht alles ganz schnell. Hintereinander springen sie in das schlammige Wasser und erreichen unversehrt unsere Seite. Auf der anderen Uferseite kommt Bewegung in die Herde. Wir spüren regelrecht die Aufbruchsstimmung.
Die Gnus folgen nun den Zebras und wagen sich ins Wasser. Wie durch ein unsichtbares Zeichen stürzen sich die Tiere die steile und teilweise sehr steinige Böschung hinunter. Der Boden vibriert durch die vielen trampelnden Hufe. Wir halten den Atem an und unser rechte Zeigefinger ist auf unseren Auslösern der Kameras festgeklebt. Wir sind wirklich hier und können mit eigenen Augen eins der spektakulärsten Erlebnisse im Tierreich live miterleben! Das ist die große berühmte Tierwanderung! Das ist die Big Migration!
Ein absoluter Kindheitstraum erfüllt sich uns in diesem Augenblick. Während wir versuchen unsere Gedanken zu ordnen, sind die Krokodile scheinbar erwacht und bewegen sich nun lautlos auf die wirbelnden Huftiere zu.
Ein Raunen geht durch die offenen Safariautos. Alle halten den Atem an. Zebras mit kleinen tapferen Fohlen kämpfen sich mutig durch das Wasser. Alle fiebern mit und rufen „Schwimm kleines Zebra, schwimm!“ Gemeinschaftlich fällt uns allen ein Stein vom Herzen, als alle wohlbehalten das rettende Ufer erreichen.
Der Kreislauf des Lebens
Das gegenüberliegende Ufer ist nun von einer riesigen Staubwolke umhüllt. Große braune Gnus stürzen sich halsbrecherisch die steinigen Böschungen hinunter. Durch die Vibration des Bodens angelockt haben sich zahlreiche Krokodile genähert.
Einige wirken träge und scheinen überfordert von den vielen vorbeiziehenden Leibern. Plötzlich schnellt ein großes Maul aus dem Wasser hervor und erwischt ein Gnu an der Flanke. Beide Tiere kämpfen um ihr Leben. Was für Urkräfte hier aufeinander prallen. In diesem Augenblick sehen wir, wie robust und kräftig ein ausgewachsenes Gnu ist. Wie mit einer Zange hält das Krokodil die Haut des Gnus mit den Zähnen fest. Als es nachfassen will, nutzt das Gnu seine Chance und kann sich befreien. Wir sind sprachlos, über das Glück was dem Tier widerfahren ist und staunen, dass es scheinbar keine sichtbaren Blessuren davon getragen hat. Niemals hätten wir gedacht, dass die Haut und das Fell so stabil sind.
Wie in einem Rausch folgt Tier um Tier der Herde. Alte und erfahrende, genauso wie junge und unvorsichtige Herdenmitglieder. Und dann ist es geschehen, blitzschnell packt das Krokodil ein junges Gnu am Hinterlauf und zieht es von der Herde fort in tiefere Gewässer. Es blökt verzweifelt und seine Rufe hallen von den Wänden der Uferböschungen wider.
Das Krokodil schmeißt sich herum zur berühmt berüchtigten Todesrolle. Ich fange an zu schluchzen und dicke Tränen rollen mir über das staubige Gesicht. Zu viele Tierdokumentationen im Kopf, lassen mich wissen, was dort eben unter Wasser geschehen ist. Gemeinsam lassen wir unseren Gefühlen freien Lauf. James tröstet uns mit sanften Worten. Eigentlich wissen wir vom „Circle of life“ aber die Wucht der Geschehnisse treffen uns in Mark und Bein. Die Natur kann manchmal grausam sein, aber auch Krokodile haben Hunger. Viele Monate zehren sie von ihrer Beute, teilweise sogar ein ganzes Jahr.
Fotografieren auf Safari
Wir sind erschöpft aber glücklich. Unsere Hände haben stundenlang krampfhaft die schwere Kameraausrüstung umklammert, um immer zu jeglichen Situationen einsatzbereit zu sein. Eine große Hilfe ist uns dabei unser Einbeinstativ. Damit können wir problemlos die großen Telezooms mit 400 bis 600mm zum Fotografieren ruhig und stabil halten. Aufgrund der offenen Bauweise des Landcruisers waren keine Scheiben oder Türen im Weg und wir hatten genügend Bewegungsfreiraum.
Keine Angst, die große Tierwanderung muss nicht unbedingt mit so großen „Tüten“ festgehalten werden. Viele unserer Fotos sind auch in einem Zoombereich von 120-200mm entstanden. Ganz wichtig, egal was für eine Kamera im Einsatz ist, ist die Pflege. Es ist heiß und trocken da draußen. Schnell sammelt sich feiner Staub auf Objektiv und Linse. Damit die Bildbearbeitung zu Hause nicht frustrierend wird, haben wir immer einen kleinen Handblasebalg dabei. Damit lässt sich schnell und einfach das ein oder andere lästige Staubkorn wegpusten.
Warst du auch Zeuge der berühmten „Big Migration“? Oder hast du Fragen? Berichte uns von deinen Erlebnissen. Wir freuen uns von dir zu hören.
Über die Autorin / Autoren
Als gebürtige Brandenburgerin arbeite ich dort, wo andere in Norddeutschland ihren Urlaub verbringen. Meinen Urlaub verbringe ich am liebsten als leidenschaftliche Wildlife Fotografin - zwischen A wie Afrika bis Z wie Zingst!
Hallo Anne,
ich finde deinen Artikel und die Bilder super toll! Wir waren gerade vor ein paar Wochen in Masai Mara. Deine Bilder haben in mir Nostalgie geweckt. :-) Leider, als wir da waren, wollten die Tiere durch den Fluss nicht wandern, aber wir konnten Tausende von Gnus beobachten, wie sie in einer Reihe über einen Hügel auf eine neue Wiese einstürmen. Sie haben ihre alte Wiese hinter sich gelassen und suchten neue mit frischem Gras und Wasser. Über unsere Erlebnisse kannst du auf unserem Reiseblog (https://www.travelsicht.de/safari-in-masai-mara-kenia/) lesen. Wir freuen uns auf deinen Kommentar!
Viele Grüße,
Ildi
Jambo Ildi,
es freut mich sehr, dass meine Fotos solche Erinnerungen in die hervorrufen. Vor allem, wenn du gerade erst aus der Mara zurück gekehrt bist. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man es mit eigenen Augen so viele Gnus gesehen hat. Ich finde, man spürt die Anspannung der Tiere regelrecht in der Luft, oder? Für das „river crossing“ haben wir auch viel Geduld aufbringen müsen und haben Stunden in der Mittagshitze gewartet. Jetzt bin ich auf eure Erlebnisse gespannt und schaue gleich mal vorbei.
Viele Grüße
Anne
Tolle Momente die Du eingefangen hast und ich hoffe auch diesmal war die Tour von unserem gemeinsamen Freund Denis wieder einmalig. Schau doch mal gerne hier auf Uwe seine Website der mit Denis gemeinsam seine Fotoworkshops durchführt https://www.serengeti-wildlife.com bestimmt auch einiges zum schauen für Dich.
Herzliche Grüsse sendet Daniela
Hallo Daniela,
vielen Dank. Natürlich haben wir die Tour bei Denis gebucht. ;) Und Uwe´s erstes Wildlife-Fotografiebuch hat mir nicht nur für die Safari viele hilfreiche Tipps geliefert. Auf seiner Webseite schau ich gern mal wieder vorbei.
Viele Grüße,
Anne
Tolle Bilder! Das muss ja mega viel Lärm machen und die Erde beben, wenn die alle auf einmal zum Fluss maschieren. Ein Pechtag für das Gnu, ein voller Bauch für das Krokodil – so ist das harte Leben.
Das war bestimmt ein sehr beeindruckendes und nachhaltiges Erlebnis. Trotz staubiger Kamera und hohem Adrenalinspiegel danke für die wunderschönen Fotos