Aktualisiert am 07.12.2022
Auf meiner zweiten Reise nach Kenia, hatte ich für das Land schon längst Feuer gefangen. Auf Safari zu gehen, ist zu meiner größten Sucht geworden. Jede Pirschfahrt ist anders und besonders. Ich lernte nicht nur die Bewohner der Savanne kennen, sondern auch ihr Verhalten. Einer meiner intensivsten Tierbegegnungen erlebte ich an jenem Abend im Januar 2013 mit der schönen Gepardin Maleika in der Maasai Mara und sie bewies mir: Erwarte immer das Unerwartete.
Die Sonne steht schon tief über den Ebenen der Maasai Mara. Die trockene, heiße Luft wird langsam kühler und die Zikaden stimmen ihr Abendlied an. Über staubige Pfade, lenkt Justin seinen Safariwagen in Richtung Talek Gate. Spätestens zum Sonnenuntergang müssen wir das berühmte Reservat verlassen haben. Plötzlich hält er inne und stoppt das Fahrzeug. Sein Blick geht in die Weite des hohen grünen Grases, wo sich in den Spitzen das Licht der Abendsonne bricht. Ich versuche seinem Blick zu folgen. Stumm zeigt er mit dem Finger auf ein Gebüsch, aus der plötzlich eine weiße Schwanzspitze blitzt. Wie eine Fahne wippt sie durch die hohen Halme und kommt mit jedem Schritt näher.
Ich schiebe langsam das schwergängige Autofenster auf und hocke mich in den engen Fußraum, um meine Kamera in Augenhöhe der getupften Schwanzspitze zu bringen. Nur ein Gepard kann sich so elegant durch das hohe Grün schlängeln.
Inhaltsverzeichnis
Maleika auf dem Dach
Der Autofokus an meiner Kamera verzweifelt; er kann sich nicht entscheiden, ob er die schleichende Raubkatze oder das blitzende Gras scharfstellen soll. Mittlerweile hat sich das schnellste Landsäugetier der Welt so sehr genähert, dass ich mein großes Telezoom-Objektiv auf die geringste Entfernung stelle. Zielstrebig geht der Gepard am Fahrzeug vorbei und verschwindet im spitzen Winkel. Ich stoße einen enttäuschten Seufzer aus, worauf mich Justin direkt mit einem „Shhh, this is Maleika.“ ermahnt. Fragend schaue ich ihn an, aber im nächsten Moment erhalte ich auf meine Frage die Antwort, in Form eines dumpfen Geräuschs, aus der Höhe des Ersatzrades. Noch immer hocke ich, eingepfercht zwischen Justin´s Rückenlehne und meinem Sitz auf dem lehmverkrusteten Fußboden. Auf das erste unbekannte Geräusch folgt ein kurzes metallisches Klacken. Mein Herzschlag scheint für einen Moment auszusetzen, und rast im nächsten Augenblick doppelt so schnell davon. Am Rande der offenen Dachluke erscheint „Maleika“ in all ihrer Schönheit. Sie setzt sich auf ihre Hinterläufe und würdigt mich mit keinen einzigen Blick.
Ihre honigfarbenen Augen folgen der Ferne des Horizonts. Mit einer Mischung aus Verwunderung, Respekt und Euphorie kleben meine Augen an ihrem schwarzgeflecktem Fell.
Von Geparden, die auf Safari-Geländewagen springen, habe ich gelesen und das ein oder andere Foto ist mir aus Hochglanzmagazinen in Erinnerung geblieben. Nicht einmal im Ansatz hatte ich die Erwartung an eine Safari und so eine einzigartige Begegnung persönlich zu erleben.
Fotografieren unter Beobachtung
In meinen Waden kündigt sich langsam ein Krampf an; möglichst lautlos und ohne hektische Bewegungen ändere ich meine Position. Ich öffne den Deckel meines Rucksacks, der zwischen den beiden Rücksitzen auf dem sandigen Boden liegt. Ohne den Blick von Maleika zu lassen, ertastet meine rechte Hand mein 24-85 mm Objektiv und ich lege es vorsichtig auf den Sitz. Behutsam löse ich den Telezoom aus dem Bajonettverschluss. Mit einem Klick rastet die handlichere Linse an der Kamera ein.
Meine Furcht ist gebannt und mit stetigen Klicken betätige ich kontinuierlich den Auslöser, auch wenn mir die Gepardin größtenteils ihren Hinterkopf zeigt.
Mit einem Satz auf das staubige Ersatzrad, erscheint ein weiterer Gepard, der sich nach wenigen Schritten rechts neben Maleika setzt. Das unverkennbare Männchen ist fast ausgewachsen und das Jungtier der hübschen Jägerin. Wie eine Angel, hängt sein getupfter Schwanz von der Dachluke in den Wagen, und das nur eine Armlänge von mir entfernt. Oh, die Versuchung ist groß, sehr groß sogar, aber meine Vernunft ist größer, keine wilden Tiere anzufassen.
Anders als Maleika, beabsichtigt ihr Nachwuchs mich nicht aus den Augen zu lassen, anstatt die Umgebung nach passender Beute abzusuchen. Seine großen bernsteinfarbenden Augen bohren sich durch mein durchgeschwitztes Khakihemd. Meine beiden männlichen Insassen bemerken die Aufmerksamkeit, die mir geschenkt wird. Justin legt seine rostige „Panga“ (kenianische Buschmesser) auf seinen Schoß und ich ziehe den Knopf der Autotürverriegelung hoch. „Wenn du rein hüpfst, spring´ ich aus der Tür“, war mein Plan, den ich bereits vor meinem geistigen Auge abspule.
Auf Augenhöhe mit Maleika
So fühlt es sich also an, am anderen Ende der Nahrungskette zu sein. Mit zwei männlichen Begleitern im Wagen, bin ich eindeutig das schwächste Glied. Ich akzeptiere meine Position, werde aber mutiger und beginne beide Raubkatzen zu fotografieren. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages lassen ihr Fell golden schimmern. Nach einer Weile entscheidet sich das Jungtier doch dem Verhalten seiner Mutter zu folgen und seine Augen richten sich in die Ferne. Justin gibt mir ein Zeichen, ich soll mich hinstellen. Nach einigem Zögern, wage ich mich den beiden eleganten Raubkatzen auf Augenhöhe zu begegnen. Meine Knie schmerzen vom langen Hocken und meine ausgebeulte grüne Hose hängt auf halb neun, als ich meinen Kopf durch die Dachluke in die kühle Abendluft strecke. Auf ihren Hinterläufen sitzen sie nur eine Armlänge von mir entfernt. Ihre nicht einziehbaren Krallen ruhen auf der Abdeckung der Dachluke. In Maleikes Augen scheine ich nicht zu existieren, unermüdlich sucht sie nach der nächsten Mahlzeit. Von ihrem tiefen Vertrauen gegenüber uns Menschen, bin ich zutiefst gerührt.
Irgendetwas hat ihre Aufmerksamkeit geweckt. Sie streckt ihren grazilen Körper und noch einmal höre ich, wie ihre Pfoten über das metallene Dach laufen, um auf das Ersatzrad zu springen und im Gras zu verschwinden. Ihr fast erwachsenes Junges folgt den Zeichen seiner Mutter; jedoch beschenkt er mich zum Abschied mit jenem letzten Blick, der mich daran erinnert, wer hier am Ende der Nahrungskette steht.
Noch mehr über die Gepardin Maleika
Die Begegnung mit Maleika, was auf Kisuaheli Schöne/Schönheit bedeutet, ist mittlerweile über vier Jahre her und zählt zu einer meiner intensivsten Begegnungen auf meinen Reisen durch die ostafrikanische Tierwelt. Nach dieser Abendpirschfahrt folgten in den letzten Jahren viele weitere Safaris, aber auf keiner erlebte ich eine vergleichbare Begegnung. Sie ist mein liebstes Beispiel, dass ich nicht nur auf Safari, sondern auch im täglichen Leben immer das Unerwartete erwarten kann.
Die Gepardin, gehört zu den Protagonisten einer der bekanntesten BBC Dokumentationen „Big Cat Diary“. Noch immer streift sie durch die Ebenen der Maasai Mara und stellt sich der harten Herausforderung, einen weiteren Wurf junger Geparden aufzuziehen.
Seit dem 12. Oktober 2017 läuft Maleika sogar in den Kinos. Der Filmemacher Matto Barfuss hat die Gepardenfamilie monatelang begleitet und dabei ist ein berührender Film mit wunderschönen Aufnahmen entstanden.
Über die Autorin / Autoren
Als gebürtige Brandenburgerin arbeite ich dort, wo andere in Norddeutschland ihren Urlaub verbringen. Meinen Urlaub verbringe ich am liebsten als leidenschaftliche Wildlife Fotografin - zwischen A wie Afrika bis Z wie Zingst!
Auch wir hatten das Glück Maleika kennen zu lernen es war ein besonders Erlebnis unserer vielen Safari Touren es war wunderschön!!!!viele grüsse Herbert
Hallo Herbert,
ich bin ganz bei Dir. Ein unvergessliches Erlebnis ein wildes Raubtier auf diesem Wege so nahe zu sein.
Viele Grüße
Anne
Liebe Anne,
was für ein tolles Erlebnis. Weißt Du, woher dieses Vertrauen zu den Menschen bei dieser Gepardin kommt? Das ist eigentlich nicht normal. Wurde sie vielleicht ausgewildert?
Liebe Grüße,
Monika
Hallo liebe Monika,
die Geparden in der Maasai Mara sind an die Safarifahrzeuge gewöhnt und „wissen“, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Sie nutzen die Fahrzeuge als „mobilen Ausguck“ um mögliche Beute ausfindig zu machen. Ich kenne einige Aufnahmen von Geparden, die in der Mara auf die Autos sprangen und sogar auch ins Fahrzeug in das eine Fenster rein und durch das andere Fenster ausstiegen. Soweit ich weiß, ist Maleika in der Wildnis geboren. Durch die Doku „Big Cats Diary“ vom BBC bin ich auf sie aufmerksam geworden und mittlerweile füllt sie sogar Kinowände. Beides kann ich dir nur sehr empfehlen. ;)
Seit einigen Jahren achtet ein Cheetah research project darauf, dass die Geparden nicht mehr die „mobilen Hügel“ nutzen, dass wurde mir jedenfalls auf eine meiner letzten Safaris erzählt. Der Hintergrund soll „kidnapping“ von Geparden sein. Die schnellste Raubkatze der Welt ist auch die gefährdeste und in einigen Teilen der Welt gilt der Gepard als Haustier und Statussymbol.
Liebe Grüße,
Anne